,,Der Mensch ist sowohl zum Guten als auch zum Bösen befähigt.“

Mit dieser zentralen These begann Herr Rolf Wüst (ehemals Lehrer am WHG und heute engagiert im deutsch-israelischen Freundeskreis Neuwied) seinen Vortrag mit dem Titel: ,,Unterscheiden sich Massenmörder von normalen Menschen?“ Hintergrund war die Frage, wie die Verbrechen im NS-Regime möglich werden konnten, welche die Schülerinnen und Schülern der MSS 13 bisher auch im Geschichtsunterricht immer wieder bewegt hat.

Anhand anschaulicher psychologischer Experimente veranschaulichte Herr Wüst eindrucksvoll, wie Menschen jederzeit dazu gebracht werden können, Dinge zu tun, die eigentlich gegen ihr ethisches Empfinden und gegen die Menschlichkeit verstoßen. ,,So ist jedes System, jedes Moralkonzept potentiell gefährdet und gefährdend; es ist potentiell manipulierbar und es manipuliert seine Anhänger.“

Besonderes nachdenklich wurden die Schülerinnen und Schüler bei folgender These, die auch zur kritischen Selbstreflexion anregte: ,,Der Widerstand des Einzelnen innerhalb einer Gruppe, die auf Böses ausgerichtet ist, ist relativ schwach in uns ausgeprägt. Darin liegt unsere grundsätzliche Gefährdung.“ Im Wissen darum, dass Menschen im Allgemeinen so geartet sind, Teil einer Gruppe sein zu wollen und sich daher nicht gern entgegenstellen, liegt aber unsere Verantwortung und Chance, Gefährdungen rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegenzuwirken.

Schlussendlich lud der Vortrag dazu ein, zu verstehen, dass es geschlossene Systeme sind, die zunächst Feindbilder produzieren, um ihre Mitglieder am Ende zu unmenschlichen Gewaltexzessen zu bringen. Eine offene Gesellschaft kann dem aber etwas entgegensetzen: ,,Je offener, auf Wechsel und Veränderung angelegter die Gruppe ist, umso eher kann der Einzelne Verantwortung für sein Handeln darin übernehmen. Das Individuum kann dann in einem Meinungsbildungsprozess mit Anderen Änderungen und Korrekturen herbeiführen.“ Diese für eine demokratische Gesellschaft zentrale Botschaft, die vor allem auch Mut macht, gab Herr Wüst uns am Ende mit auf den Weg.

Svenja Kupper

Dezember 2019